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KITA

"Wenn die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln. Wenn sie groß sind gib ihnen Flügel. " (Chinesische Weisheit)

Prävention in der Kindertagestätte - von Bindung und Selbststeuerungskompetenzen

Seit einigen Jahren steigt das Bewusstsein in der Öffentlichkeit, dass Prävention dann nachhaltig wirken kann, wenn sie bereits in den frühen Kindheitsjahren ansetzt. Daraus resultierte, dass eine wahre Flut von unterschiedlichen Projekten und Maßnahmen in den Kindertagesstätten implementiert werden. Doch oft haben diese Projekte und Maßnahmen nur Teilaspekt von Prävention im Blick und führen in ihrer Häufung schließlich dazu, dass damit die Erzieherinnen und Erzieher und somit auch die Kinder überfordert sind.

Der Arbeitskreis „Prävention in der Kindertagesstätte“ verfolgt einen ganzheitlichen Präventionsansatz durch die Förderung von Selbststeuerungskompetenzen. So werden seit  2011 hierzu jährlich Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte aus Kindertagesstätten angeboten. Diese Fortbildungen werden mit Frau Marlies Wagner (Supervisorin, Lehrkraft mit der Lehrbefähigung an der Fachschule für Sozialpädagogik) vom „Institut für angewandte Psychologie und Pädagogik - IFAP“ aus Kiel durchgeführt.

Warum brauchen Kinder die Fähigkeit der Selbststeuerung?

Selbststeuerung ist die Fähigkeit eines Menschen, die eigenen Gedanken, Gefühle, Motivationen und schließlich auch die eigene Handlung zielgerichtet zu beeinflussen. Sie ist also die Basis, um souverän in einer sich stetig verändernden Umwelt agieren zu können. Damit sich diese Fähigkeit zur Selbststeuerung entwickeln kann, müssen die Grundbedürfnisse der Kinder – z.B. Erleben von Vertrauen, Gefühlen, Neugierde und Respekt befriedigt werden. Neurobiologische und entwicklungspsychologische Forschungsergebnisse sowie die Resilienzforschung zeigen immer deutlicher, dass sich Persönlichkeitsmerkmale (z.B. Selbstvertrauen, Problemlösungskompetenz, Konfliktfähigkeit, Lern- und Entwicklungsfreude und Soziabilität) in den ersten 4 – 6 Lebensjahren entwickeln.

Die Grundlage für die Entwicklung dieser Merkmale ist ein intensives und zuverlässiges Erleben von Bindung in den ersten Lebensjahren. Viele Erwachsene sind durch die eigene zunehmend belastete Lebenssituation nicht mehr in der Lage, Kindern dieses sichere Bindungserleben zu ermöglichen. Zudem ist die Erziehungszeit außerhalb der Familie in den letzten Jahren rapide angestiegen. Ein hohes Maß an Verhaltensirritationen ist die Folge.

Was macht eine verlässliche Bindung so schwierig?

Früher war unsere Gesellschaft von strengen Regeln und Normen geprägt. Jede/r hatte ihren / seinen Platz, wusste genau, was von ihr / ihm verlangt wurde. Es wurde nicht diskutiert, sondern befolgt. Dies galt für die Gesellschaft als Ganzes und natürlich auch für die Familien als Teil der Gesellschaft.

Heute leben wir in einer Zeit, in der Vieles möglich geworden ist. Familien sind unterschiedlich strukturiert und organisiert, Vereine und Verbände ermöglichen nicht nur die Teilnahme sondern auch Mitbestimmung und auch politisch ist freie Meinungsäußerung und Lebensgestaltung nicht nur erlaubt, sondern auch gewünscht. Arbeitgeber fordern zunehmend kreative, selbstständige, konfliktfähige, querdenkende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Unser Leben erfordert viele individuelle Entscheidungen (welcher Stromanbieter, welcher Beruf, welche Ziele für mein Leben, …) und immer wieder das selbst bestimmte Widerstehen bei Versuchungen aller Art – Konsum legaler und illegaler Drogen, übermäßiger Medienkonsum, Beeinflussung durch Werbung, Lebensgestaltung nach Lust und Unlust, Radikalismus und Gewalt, usw.

Gleichzeitig ist die soziale Kontrolle stark reduziert, für viele Kinder und Jugendliche nicht mehr spürbar. Dadurch ist es notwendig geworden, dass Menschen ein deutliches, inneres „Bild von Richtigkeit“ entwickeln, dass sie lernen, für sich zu sorgen (physisch wie psychisch) und Entscheidungen zu treffen – kurz, ihr Leben aus eigenem Antrieb selbstständig und sozial verträglich zu gestalten. Dies gelingt nur mit gut entwickelten Selbststeuerungskompetenzen. Es gilt darauf hinzuwirken, dass Kinder in Kindertagesstätten über eine intensiv und sicher erlebte Bindung Selbststeuerungskompetenzen erwerben können.

Pädagogische Fachkräfte  müssen in der Lage sein, Kindern die seelischen Grundbedürfnisse nach Liebe, Zeit und Ruhe, Intimität und Respekt, (physischer und psychischer) Gewaltfreiheit, dem (Er-)Leben von Gefühlen usw. zu erfüllen. Dazu müssen die Erzieherinnen und Erzieher Zusammenhänge von „Bindung und Grundbedürfniserfüllung“  mit „Selbststeuerung und Resilienz“ kennen, kindliche Defizite in diesen Bereichen ausmachen und beheben können.  

Informationen zur Arbeit des Arbeitskreises „Prävention in der Kindertagesstätte“ und den angebotenen Fortbildungen:

Kontakt: Fachdienst Jugendamt / Kinder- und Jugendschutz Heike Kubow Tel.: 05171 / 401 30066 E-Mail: h.kubow@landkreis-peine.de   Presseartikel - PAZ vom 07.02.2011 Fortbildung im Kindergarten „Klein Lummerland“ in Hohenhameln

Pilotprojekt im Landkreis Peine:

Erstmals werden Erzieher zum Thema Gewalt und Suchtprävention geschult. Der erste Teil der Fortbildung fand Sonnabend in Hohenhameln statt. Präventionsprojekte in der Schule setzen oft zu spät an, findet Heike Kubow vom Jugendamt des Landkreises Peine. „Da wird in der achten oder neunten Klasse über Sucht gesprochen – dabei machen viele schon mit 13 oder 14 die erste Erfahrung mit Alkohol, das zeigen Studien“, sagt sie. Das neueste Projekt vom Präventionsrat des Landkreises setzt deshalb viel früher an. Derzeit werden Erzieher/innen der Kindertagesstätten Klein Lummerland in Hohenhameln, Siebenstein in Klein Ilsede und Zwergenmühle in Stederdorf fortgebildet. Sie sollen den Kindern künftig aber nicht erklären, warum Schnaps und Zigaretten gefährlich sind – schließlich greifen Fünfjährige eher selten zur Flasche oder Zigarette. Vielmehr soll das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt und damit Gruppenzwang vorgebeugt werden. „Wer Selbstwertgefühl hat, ist weniger anfällig für Alkohol und Drogen“, ist Kubow überzeugt. Wie man Kinder zu starken Persönlichkeiten erzieht, erklärte Marlies Wagner vom Kieler Institut für Psychologie und Pädagogik am Sonnabend in Hohenhameln (siehe Nachgefragt). Sechs Fortbildungs-Termine sollen in den nächsten Monaten folgen. Die Erzieher/innen werden unter anderem in Medienkompetenz, Sucht und Gewaltprävention geschult. Eine wichtige Sache, findet Martina Orwat, die die Kindertagesstätte in Hohenhameln leitet und das Pilotprojekt mit organisiert hat. „Das Thema Sucht kommt in der Ausbildung nicht vor. Wenn wir Erzieher/innen zum Beispiel erfahren, dass in einer Familie jemand spielsüchtig ist, wissen wir nicht, wie wir damit umgehen sollen.“ Die Fortbildung soll das ändern. „Später würden wir das Projekt gern in anderen Kindertagesstätten wiederholen“, sagt Kubow. Quelle: Peiner Allgemeine Zeitung

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